150 Jahre Rauchfangkehrermeister Brandl
Rauchfangkehrermeister Ing. Karl Brandl im Gespräch mit Silvia Nagy
Sie haben heuer Ihr 150-jähriges Bestandsjubiläum bestritten. Wie kann man sich heute den Beruf des Rauchfangkehrers vor 150 Jahren vorstellen?
Der Beruf des Kaminfegers vor 150 Jahren war körperlich sehr anstrengend und auch gefährlich. Früher erkrankten viele an Asthma und Krebs, Unfälle auf dem Dach gehörten auch dazu. Die Kaminfeger wanderten bei jeder Witterung von Dorf zu Dorf, später fuhren sie mit dem Fahrrad. Auf längeren Strecken übernachteten sie auf den Bauernhöfen in den Stallungen zwischen dem Vieh oder am Heuboden.
Mein Vater hat erzählt, dass er im Winter seine Füße in Stofffetzen gewickelt hat, damit die Zehen in den Gummistiefeln nicht abfrieren. Bei Minustemperaturen kam es schon vor, dass das Kapperl von den Gummistiefeln weggefroren ist.
Die Kaminfeger waren schon damals gern gesehen, da die meisten Häuser mit Stroh gedeckt waren und kriminelle Kaminkonstruktionen hatten. Besonders gefährlich und anstrengend war das Kehren der „Schliefer“. Beschliefbare Kamine waren große Kamine, u.a. Industriekamine, die von innen gereinigt werden mussten. Der Kaminfeger stieg von innen hoch, indem er sich mit dem Rücken und den Beinen an der Kaminwand hoch-
stemmte und begann von oben nach unten den Schornstein von Ruß und Hittrach zu reinigen. Manche „Schliefer“ waren bis zu 15 m hoch und hatten einen Durchmesser von 1,5 bis 2 m. Den Aufstieg im Kamin konnten die Kaminkehrer nur ohne Schuhwerk bewerkstelligen, deshalb hatten sie „Schlarpfen“ an, die sie schnell aus- und anziehen konnten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mein Vater seine „Schlarpfen“ beim Hödl-Schuster in der Ringstraße anfertigen hat lassen.
Eigentlich ist von der damaligen „Rauchfangkehrer-Romantik“ nicht mehr viel übrig. Der rußverschmierte Glücksbringer von damals ist heute doch eher ein versierter Techniker. Inwieweit hat sich das Aufgabengebiet verändert?
Rußverschmiert sind wir heute eher selten, es gibt zwar noch „Schliefer“, aber nur vereinzelt.
Die Bürokratie wird immer mehr, aufwendige Dokumentationen nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Unser Aufgabengebiet umfasst sicherheitsrelevante Tätigkeiten an Feuerungsanlagen, wiederkehrende Überprüfungen (Abgas- und Dichtheitsüberprüfungen sowie brandschutztechnische Überprüfungen), Reinigung der Feuerstätten, Kommissionen und Endabnahmen bis hin zu brandschutztechnischen Beratungen, die wir kostenlos anbieten. Da wir weder Heizungen, Kamine oder diverse Feuerstätten verkaufen und daher völlig neutral beraten, wird dieses Angebot auch sehr gerne angenommen.
Wie oft wir pro Jahr zur Überprüfung kommen, ist in der Kehrordnung geregelt, die Kosten dafür im Kehrtarif. Es ist sehr wichtig, die Kehrfristen einzuhalten, da es sonst in einem Brandfall zu großen versicherungstechnischen Problemen kommen kann. Gerade vor Beginn der Heizsaison müssen Kamine auf Verstopfungen von Wespen- oder Hornissennestern oder toten Vögeln, die in den Kamin gefallen sind, überprüft werden, um Unfälle durch Rauchgasvergiftungen, die zum Tode führen können, zu vermeiden.
Sie führen den Betrieb jetzt in fünfter Generation und Ihr Sohn tritt bereits in Ihre Fußstapfen. Ist es Familientradition, den Betrieb zu übernehmen, und wie schwierig ist es, Betrieb und Familie zu einen?
Es war für mich kein Muss, den Betrieb zu übernehmen und auch mein Sohn Florian hätte sich beruflich anders orientieren können. Unser Betrieb befindet sich im gleichen Haus, in dem wir leben und so bekommt man das „Rauchfangkehrer-
Gen“ in die Wiege gelegt. Ich war schon als Kind in die Firmengeschicke involviert und es war für mich damals schon klar, dass ich Rauchfangkehrer werden möchte.
Wir haben als Familie immer zusammengehalten, obwohl es nicht leicht ist, Betrieb und Familie unter einem Hut zu bekommen. Mein Vater ist nach wie vor am betrieblichen Geschehen interessiert und mein Sohn unterstützt mich im Außendienst und im Büro. Er leitet unser neuestes Projekt, das „elektronische Kehr-
buch“, das sehr aufwendig in der Vorbereitungsphase ist. Somit fällt ein Großteil des Papierkrams weg, was unserer wirtschaftlichen und umweltschonenden Firmenphilosophie entspricht. Für die Rauchfangkehrer habe ich vor kurzem das vierte E-Auto bestellt, den Großteil unseres Stroms liefert eine Photovoltaikanlage, das Warmwasser wird mit einer Solaranlage aufbereitet und stromraubende Leuchtstoffröhren haben wir durch eine LED-Beleuchtung ersetzt.Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass mein ganzes Team sehr stolz ist, zum Wohlergehen und zur Sicherheit der Bevölkerung beitragen zu dürfen.
Vielen Dank für das nette Gespräch.
Drei Generationen Brandl: Ing. Karl Brandl, Karl Brandl sen.
und Florian Brandl