„Das Smartphone ist zum ständigen Begleiter von Kindern und Jugendlichen geworden. Kinder, die nach 2007 geboren sind, haben eine Welt ohne ständige mobile Vernetzung nie erlebt. Für sie sind WhatsApp, Instagram, Tik Tok und andere soziale Netze immer Teil ihrer Lebenswelt gewesen.“, so Lukas Wagner, MSc, Psychotherapeut in freier Praxis, Medien- und Sexualpädagoge, der am 24.04.2024 im Zentrum Feldbach Jugendliche, Eltern, Großeltern, Pädagog:innen und Interessierte gleichermaßen mit seinem Wissen, seiner Erfahrung und vor allem seiner Klarheit begeisterte. „Mit der Erfindung der digitalen Medien gab es das große Versprechen, dass alles einfacher wird, aber mit der Technik ist Vieles komplizierter geworden“
Von Eltern, Großeltern und Lehrer:innen wird pädagogisch, sicheres Handeln mit Technologien erwartet, die sie selbst vielleicht nie hatten. Mit den Einschränkungen der „Coronazeit“ wurde den Kindern und Jugendlichen der öffentliche Raum genommen und die Entwickler digitaler Medien haben mit einem Gegenangebot reagiert. D.h. Kinder und Jugendliche wurden im öffentlichen Raum überbeschützt und im digitalen Raum unterbeschützt. Die Jugendkultur, die im früher öffentlich sichtbar war, wurde von den digitalen Medien abgelöst. Sie hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren digitalisiert. Die Kurve der Mediennutzung steigt im Alter von 10 bis 12 Jahren, hat ihren Höhepunkt zwischen 13 und 17 Jahren und fällt zwischen 18 und 20 Jahren wieder steil ab. Die mittlerweile wissenschaftlich erforschten Auswirkungen der neuen Medien auf unsere Kinder und unsere Jugendlichen sind enorm. Viele davon hochproblematisch. Wie z.B., dass Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren durch die Nutzung von Tik Tok und Instagram die 10-fache Gefahr droht an Essstörungen zu erkranken, sich selbst zu verletzen oder sogar Suizidgedanken zu haben.
Wie also können Eltern, Großeltern und Pädagog:innen sowie Politik vor allem Kinder und junge Jugendliche in der digitalen Welt unterstützen und begleiten? Hier die klaren Worte von Lukas Wagner punktuell zusammengefasst:
- Jemand, der Computer, Laptop, Tablet, Smartphone bedienen kann ist noch lange nicht medienkompetent
- Wichtig ist es medienkritisch zu handeln
- Zu wissen, wie man ausschaltet muss gelernt werden
- Neugierig an der kulturellen Welt der Kinder und Jugendlichen teilhaben
- Verstehen statt verbieten
- Vom Zuschauen ins Begleiten kommen
- Klare Regeln und Grenzen
- Vertrauen aufbauen, Gemeinsames schaffen
- Späte (das Alter betreffend) und wenig Nutzung von social Media Kanälen.
- Für Kinder transparent machen, was das Computerspiel genau macht (Stichwort: Dopamin, Sucht)
- Handyfreie Einrichtungen im elementarpädagogischen Bereich (auch für Eltern)
- Handyfreie Schulen (verbessert wissenschaftlich erwiesen den Bildungserfolg massiv)
- Handyfreie Spielplätze (sichtbares Zeichen setzen)
- Kein Smartphone und keine Nutzung von social Media bis 16 Jahren
- Erwachsene müssen Verantwortung übernehmen und mitgestalten, offen und liebevoll bleiben, das eigene Verhalten reflektieren
- VORBILD sein!
- Weiterhin EU weite Verfahren gegen Anbieter, die nachweisen müssen, dass die Nutzung keinen psychischen Schaden mit sich zieht
- „Schutzfaktoren“ anbieten: Bewegung, Naturbegegnungen, Quellen an Freude, Konfliktlösungsstrategien ausprobieren dürfen, Rollen übernehmen, miteinander reden, Peergroups erleben dürfen, Teilhabe in Vereinen, echte Kontakte mit Freunden usw.
Werfen wir einen ehrlichen Blick auf die Vor- und Nachteile der neuen Medien und sozialen Netze, bleiben wir mit unseren Kindern und Jugendlichen im Gespräch ohne Verbots- und Angstpädagogik und entwickeln wir eine Grundhaltung in der Familie, die ein gemeinsames Entdecken und Erforschen der vernetzten Lebenswelt ermöglicht, dann kann es gelingen unsere Kinder und Jugendlichen zu unterstützen und bestmöglich zu begleiten.
Lukas Wagner wird auch im nächsten Jahr im Rahmen der Eltern-Kind-Bildung in Feldbach zu Gast sein. Bis dahin gibt es auch die Möglichkeit Genaueres in seinen Büchern nachzulesen (erschienen im Leykam Verlag, erhältlich in unserer regionalen Buchhandlung MORAWA in Feldbach):
- „Unsere Kinder in der digitalen Welt, Potenzial statt Panik“, Lukas Wagner
- „Die Generation digital, Heranwachsen in einer vernetzten Welt“, Lukas Wagner
(v.l.n.r.): Ursula Krotscheck, Lukas Wagner, MSc, StR DI(FH) Markus Billek und StR Rosemarie Puchleitner